Unter der Leitung von Dr. Timo Martin Henrich untersucht eine Gruppe junger Wissenschaftler an der Philipps Universität Marburg die Frage, ob eine ketogene Diät, d.h. eine kohlenhydratarme, aber dafür fettreiche Ernährung, das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit verzögern kann. Das über drei Jahre angelegte Forschungsprojekt hat bereits erste vielversprechende Erkenntnisse hervorgebracht.
„Bei der Entstehung der Parkinson-Krankheit spielen die Mitochondrien, die sogenannten Kernkraftwerke unserer Zellen, eine wesentliche Rolle. Sie sind unverzichtbar für die Aufrechterhaltung des Zellstoffwechsels und das Überleben der Nervenzellen”, erklärt Dr. Henrich. „Wir wissen bereits seit langem, dass bei Parkinson-Erkrankten die Mitochondrien der Nervenzellen geschädigt sind. Unklar ist jedoch bisher, warum dies so ist und wie die Mitochondrien möglicherweise geschützt werden können.”
Die Forschungsgruppe von Dr. Henrich beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit der Rolle der Mitochondrien bei der Entstehung der Parkinson-Krankheit. „In einem vorangehenden Forschungsprojekt konnten wir nachweisen, dass die für Parkinson-Patienten typische Anhäufung des Eiweißes Alpha-Synuclein in den Nervenzellen höchstwahrscheinlich verantwortlich für die Schädigung der Mitochondrien ist”, berichtet Dr. Henrich. „Durch die Verklumpungen fehlt den Zellen eine wichtige Energiequelle, Stoffwechselprozesse verändern sich und Nervenzellen sterben letztendlich ab.” Folglich kommt es zu einer Entwicklung der parkinsontypischen Symptome.
Ketogene Diät als möglicher neuer Therapieansatz
Aufgrund der Schädigung der Mitochondrien erhöht sich der Verbrauch an sogenannten Kentonkörpern. „Ketonkörper sind alternative Energieträger der Zellen, die vermehrt beim Fasten oder im Rahmen einer ketogenen Diät gebildet werden”, erklärt Dr. Henrich weiter. „Sie dienen den Zellen als zusätzlicher Energielieferant und helfen ihnen, reibungslos zu funktionieren.“ Genau an dieser Stelle setzt das aktuelle Forschungsprojekt an. Dr. Henrich berichtet: „In unserer Studie MitoProtec untersuchen wir, ob eine ketogene Diät, d.h. eine Ernährung, bei der weniger Kohlehydrate und dafür mehr Fette verzehrt werden, das Energiedefizit der geschädigten Mitochondrien ausgleichen kann. Hierbei betrachten wir auch die Frage, ob es für einen Therapieeffekt notwendig ist, eine strenge ketogene Diät einzuhalten oder ob es genügt, zusätzlich Ketonkörper aufzunehmen.”
Eine ketogene Diät wird bereits seit geraumer Zeit bei therapieresistenten epileptischen Erkrankungen eingesetzt und hat nachweislich eine neuroprotektive Wirkung. Bisher gibt es jedoch nur wenige Studien, die den Effekt bei Parkinson-Erkrankten untersucht haben. Dr. Henrich: „Wir möchten mit unserer Arbeit aufzeigen, ob eine ketogene Diät die veränderten Stoffwechselwege positiv beeinflusst und dem Absterben von Nervenzellverlust entgegenwirken kann.”
Erste hoffnungsbringende Ergebnisse
Das Projekt befindet sich derzeit noch in der Frühphase, doch erste Versuchsreihen haben gezeigt, dass es bei der Parkinson-Erkrankung tatsächlich zu erhöhten Ketonkörperspiegeln im Blut kommt. Eine wichtige Voraussetzung für die nächsten Schritte des Forschungsprojektes. „Bei der Parkinson-Krankheit sind die Nervenzellen aufgrund der Schädigung der Mitochondrien verstärkt auf Ketonkörper angewiesen. Wir gehen davon aus, dass eine vermehrte Zufuhr im Rahmen einer ketogenen Ernährung die veränderten Stoffwechselvorgänge positiv beeinflusst und den Nervenzellenverlust deutlich verlangsamt.”
Sollte den Wissenschaftlern dieser Nachweis gelingen, könnte dies einen wichtigen neuen Ansatz bei der Behandlung von Parkinson-Patienten darstellen. „Mittlerweile können wir die Parkinson-Erkrankung im Frühstadium sicher erkennen, doch es fehlt immer noch eine Therapie, die den Erkrankungsprozess in dieser frühen Phase verlangsamt oder stoppen kann”, so Dr. Henrich. „Die ketogene Diät ist ein neuer vielversprechender Ansatz, den wir unbedingt weiterverfolgen wollen. Für die Fortführung unserer Arbeit und den Abschluss der MitoProtect Studie sind wir jedoch auf Spenden angewiesen.“
Über Dr. Timo Martin Henrich
Dr. Timo Martin Henrich ist Assistenzarzt Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum der Philipps-Universität Marburg. Dort leitet er u.a. gemeinsam mit Dr. Dr. Fanni F. Geibl die Arbeitsgruppe Zelluläre Neuropsychiatrie, die sich mit den neurobiologischen Mechanismen der Pathologieentstehung für zahlreiche psychiatrische Störungsbilder und u.a. Parkinson beschäftigt. Dr. Henrich hat zahlreiche wissenschaftliche Forschungsarbeiten zur Parkinson-Krankheit publiziert. Seine Arbeit wird bereits seit Jahren erfolgreich vom ParkinsonFonds Deutschland gefördert.