Lernen Sie Hannie van Leeuwen kennen: eine positiv denkende Powerfrau, die an Parkinson erkrankt ist. Wir haben mit Hannie im Vorlauf zu ihrer THS-Operation gesprochen. „Ich möchte meine Geschichte erzählen, um damit jüngere Parkinson-Patienten zu inspirieren.“
Hannie van Leeuwen (46)
verheiratet mit René
Mutter eines Sohnes (20) und einer Tochter (17)
Inhaberin eines Indoor-Spielplatzes
Liebt es, Zeit mit ihrer Familie und Freunden zu verbringen
„Das kann man wohl sagen. Die THS wurde schneller anberaumt, als ich zu hoffen gewagt hatte. Die Ärzte sehen Chancen, meinen Zustand deutlich zu verbessern. Ich schwanke zwischen ‚Juhu‘ und ‚Oh je‘, weil so vieles auf mich einstürzt. Angefangen bei der Operation selbst. Sie wird acht Stunden dauern, von denen ich ungefähr vier bei Bewusstsein sein werde. Ich werde dabei fixiert, da mein Kopf natürlich absolut stillliegen muss – normaler-weise kann ich keine fünf Minuten stillsitzen. Meine medikamentöse Behandlung muss ich zuvor komplett einstellen. Das wird nicht leicht, von 32 Tabletten täglich auf null. Ohne die Tabletten bin ich zu nichts mehr in der Lage. Meine Familie wird mich ‚von meiner schlechtesten Seite‘ erleben, das wird kein Spaß für sie. Für die THS ist es aber unumgänglich, und danach kann es – sollte es – nur besser werden, oder?
Natürlich sehe ich der Operation mit gemischten Gefühlen entgegen, aber es geht nur um einen Tag meines Lebens. Und ich vertraue darauf, dass sie mir eine Besserung und eine freudigere Zukunft bringen wird. Das muss ich einfach nach all den Jahren voller Beschwerden.“
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„Als ich 25 Jahre alt war, setzten heftige Probleme mit meinen Muskeln ein. Ständig schmerzten mein Nacken und meine Waden. Ich nahm es hin, da meine Mutter an Fibromyalgie leidet und ich davon ausging, ebenfalls von dieser unheilbaren Schmerzerkrankung betroffen zu sein. Die Muskelbeschwerden nahmen zu, als ich im Alter von etwa 30 Jahren mit dem Tennisspielen begann. Mein Hals krümmte sich, ich musste meinen Kopf ständig abstützen. Zunächst spielte ich jedoch weiter Tennis und betrieb auch weiterhin unseren Indoor-Spielplatz. Es machte so viel Freude und ich verspürte solche Energie.
Im März 2017, ich war 43 Jahre alt, konnte ich nach einer Feier plötzlich nicht mehr schlucken. Im April begann ich einen Fuß nachzuziehen und immer wieder zu stolpern. Außerdem konnte ich meinen linken Arm beim Gehen nicht mehr bewegen.“
„Bis dahin hatte ich ihn noch nicht aufgesucht. Vielleicht war es die Kopf-in-den-Sand-Strategie, aber ich machte mir keine ernsthaften Sorgen. Solange ich arbeiten und Tennis spielen konnte, kam ich damit klar. Manchmal erschien ich mit schleppendem Bein und schlaffem Arm am Tennisplatz, und man könnte förmlich sehen, wie mein Gegner dachte: Ha, das wird ein leichter Sieg. Ich aber legte einen Schalter um und gab einfach Gas. Mit meiner Willenskraft war ich oft erfolgreich. Aber nach einem solchen Spiel war ich nicht mehr dazu fähig, eine Kaffeetasse hochzuheben.
Im September schließlich wurden die Schmerzen so stark, dass ich mich nach einem Tennisspiel übergeben musste. ‚Du solltest jetzt wirklich mal einen guten Therapeuten aufsuchen‘, mahnten meine Freunde.
Der Physiotherapeut erkannte sofort, dass neurologisch etwas nicht stimmte, da meine Kräfte im linken Arm und Bein schwanden und ich die linke Körperhälfte nicht mehr koordinieren konnte. Er schrieb einen Brief an meinen Hausarzt, der mich zu einem Neurologen überweisen sollte.
Bis heute bin ich ihm überaus dankbar dafür, dass er mir wirklich zugehört, sehr sorgfältig gearbeitet und mich immer unterstützt hat.“
„Die MRT zeigte keine Auffälligkeiten, weshalb die Klinikärzte sich ganz ‚entspannt‘ gaben und die nächste Untersuchung lange auf sich warten ließ. Mein Zustand verschlechterte sich aber zusehends, irgendwann konnte ich keine 200 Meter mehr laufen.
Nach einem geharnischten Brief meines Physiotherapeuten und einem Wutausbrauch meines Ehemanns wurde ich schließlich drei Monate später vom Neurologie-Chefarzt untersucht. Er tippte dann auf die Parkinson-Krankheit.
An dem Tag, als die Ergebnisse das DAT-Scans anstanden, war ich hypernervös. Ich lag auf dem Sofa und war unfähig, irgendetwas zu tun. Wenn es wirklich Parkinson sein sollte, dachte ich, schaffe ich das nie. Ich habe doch eine Firma, ein Sozialleben.
Der Scan lieferte dann eine eindeutige Parkinson-Diagnose. Als ich im Dezember 2017 dieses Ergebnis erfuhr, brach ich zusammen. Abwechselnd war ich von Ungläubigkeit und Traurigkeit einer- und Kampfesmut andererseits beherrscht. Endlich Klarheit nach all den Jahren voller Beschwerden. Ich beschloss, das Beste daraus zu machen. Ich arrangierte mich mit den Medikamenten und brauchte schon bald höhere Dosierungen.“
„Zwei- oder dreimal pro Woche ging ich zur Physiotherapie. Um meinen Körper zu entkrampfen, mussten sich zwei Therapeuten richtig ins Zeug legen. Einmal wöchentlich besuchte ich einen Logopäden, um an meinen Schluckstörungen und der Halsspannung zu arbeiten. Ich versuchte, wieder zu arbeiten und schöne Dinge mit Familie und Freunden zu erleben.
Jeden Tag ging ich bis an meine Grenzen, bis ich buchstäblich nicht mal mehr aufstehen konnte. Doch ich schmiedete weiterhin Pläne, weil mir diese schönen Dinge so ungemein wichtig waren. Nun, fast drei Jahre später, helfen mir die täglich 32 Tabletten nur noch bedingt. Ich leide unter zervikaler Dystonie – Nackenkrämpfen – und beidseitiger Dystonie in Händen und Füßen. Von früh bis spät kämpfe ich gegen die Krämpfe an, sie ziehen sich tatsächlich von den Zehen bis zu den Ohren. Meine Hand, mein Daumen und Zeigefinger sind versteift. Zusätzlich zu Parkinson habe ich offenbar eine genetische Fehldisposition und eine Gleichgewichtsstörung. Diese MDD genannte neurologische Störung gibt mir das Gefühl, auf einem schwankenden Boot zu sein. Zur Entspannung nehme ich mehrmals täglich ein einstündiges Bad. Danach kann ich wieder kurz etwas tun. So schleppe ich mich durch den Tag. Und doch gab es in diesen Jahren nicht einen Tag, an dem ich meinen Lebensmut verloren hätte.“
„Ich versuche einfach, meine gute Laune zu bewahren. Wenn man es nicht weiß, merkt man nicht, dass ich Parkinson habe. Die Krankheit wird nicht verschwinden: man sollte also das Beste daraus machen. Dass ich relativ gut damit umgehen kann, ist nicht zuletzt der Physiotherapie-Praxis zu verdanken, die zu meinem zweiten Zuhause geworden ist. Und ich glaube fest daran, dass sich mein Zustand nach der THS bessern wird.“
„Nach der Diagnose fragten mich meine Kinder, ob ich an der Krankheit sterben werde. Damals konnte ich ihnen versichern, dass ich mit Tabletten weiterleben kann. Ich wollte sie nie mit meiner Erkrankung belasten. Aber natürlich ist Parkinson nun mal da, und wenn meine Medikation ausläuft, werden sie leider mitbekommen, was das bedeutet.
Meine Kinder haben mich noch nicht einen Tag missmutig erlebt. Solange ich alles Mögliche für sie tun kann, bin ich glücklich. Sie haben große Freundeskreise, häufig besuchen uns ihre Freunde und Freundinnen. Das fühlt sich für mich oft wie ein Schutzraum an. Ihre Freunde nennen uns ‚zweite Eltern‘.
Für meinen Ehemann ist es sehr hart. Meine Parkinson-Erkrankung hat sein Leben völlig umgekrempelt, während er das Geschäft am Laufen hält. ‚Gehen wir ins Café, um was zu trinken?‘ So spontan können wir nicht mehr sein. Wenn uns Freunde besuchen, ist er häufig unsicher, wie er sich verhalten soll. ‚Wenn ich dann sehe, wie du dich auf dem Sofa windest, während sie ihr Bier ausgetrunken haben und noch sitzen bleiben, was soll ich tun?‘, hadert er. Ich erkläre ihm: ‚Mach dir keine Sorgen, ich werde ins Bett gehen, ansonsten ersticke ich noch an meinem Schleim.“
Wenn eine Party oder ein Abendessen bevorsteht, spare ich eine Woche lang Kraft dafür an. Dann habe ich eine Zeitlang Spaß, bis die Krämpfe wieder einschießen und ich für fünf Tage komplett erledigt bin. Verzichten kann ich darauf nicht, denn sonst hätte ich ja kein Leben mehr, oder? Ich brauche mein Sozialleben. Manchmal schwelge ich tagelang beim Betrachten von Videos und Bildern in Erinnerungen. ‚Das war eine schöne Party‘, denke ich dann etwa. Heute allerdings ist mein Sozialleben sehr überschaubar, es kostet so viel Anstrengung, etwas mit Freundinnen zu unternehmen. Jeder äußere Reiz löst Krämpfe vom Kopf bis zu den Zehen aus. Also, her mit der THS!“
„Ja, durchaus. Ich gehe der Operation mit Zuversicht entgegen, auch dank Dr. Bob van Hilten, mit dem ich im Zuge der Vorbereitung sprach. Er sagte mir ganz offen: ‚Das wird der schlimmste Tag Ihres Lebens. Es gibt eine zweiprozentige Wahrscheinlichkeit, dass es ein kompletter Fehlschlag wird, aber wir werden alles uns Mögliche tun, um Ihren Zustand zu verbessern.‘ Um meine Genstörung abzuklären, war er auch am Erasmus University Medical Center. Die THS wird von Dr. Contarino vorgenommen, einem versierten Spezialisten, wie ich hörte.
Und ja, es wird hart werden, diese zehn Tage vor dem Eingriff ohne Medikamente durchzustehen. Auch der Operationstag wird sehr aufregend. Ich bin indes voller Hoffnung auf ein besseres Leben. Und ich glaube fest daran, dass es eines Tages eine Lösung für die Heilung der Parkinson-Krankheit geben wird.
Um die Zukunft mache ich mir keine Sorgen, die THS wird schon gut laufen. Man muss motiviert bleiben. Ich habe schon immer Zukunftspläne gehegt. So hoffe ich, einmal Enkelkinder zu haben, um die ich mich kümmern können will. Ich sehe mich schon hinter dem Kinderwagen hergehen. Heute kann ich keine 500 Meter laufen, dann schießen Krämpfe ein und ich muss stehen bleiben. Eine schöne Vorstellung, wieder Dinge tun zu können, die jetzt nicht möglich sind. Sich mit Freunden treffen. Und nächstes Jahr steht ein Tennisturnier an, ob ich mich anmelde?“
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