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4 September 2015

Interview mit Katharina Väth

Katharina Väth aus Hessen ist seit 2010 Parkinson-Patientin und aktiv tätig in der Parkinson Selbsthilfegruppe Groß-Umstadt und Umland

 

Liebe Frau Väth, Sie sind Parkinson-Patientin und haben sich freundlicherweise dazu bereit erklärt, aus Ihrem Leben zu erzählen.
Aufgewachsen bin ich in einem sehr regen Geschäftshaus, mit wenig Zeit für uns Kinder. Da unsere Tochter durch meine Rötelerkrankung gehörlos geboren wurde, wuchs unsere liebe Enkelin unter meiner Obhut auf. In unserer Familie fühlt sich jeder für den anderen verantwortlich. Auch unser Sohn und seine Frau sind immer für uns da. Mein Mann und ich, seit 56 Jahren verheiratet, pflegen viele Freundschaften, was mir mit meiner Krankheit sehr gut bekommt. Nach einigen schweren Krankheiten sah ich es als meine Aufgabe, aus meinem Leben noch einiges zu machen und alle Möglichkeiten zu nutzen für den Dienst am Mitmenschen. In unserem Glauben und im Vertrauen auf Gott finden wir viel Kraft und fühlen uns gut aufgehoben.

Nun ist Parkinson ein Teil Ihres Lebens. Wann nahmen Sie die ersten Anzeichen wahr?
Schon im Jahre 2006 merkte ich, dass sich mein Befinden veränderte, ich von innerer Unruhe beherrscht wurde. Der Besuch bei einer Neurologin war unbefriedigend, sie wollte mir Beta-Blocker verordnen, was ich ablehnte. Nach weiteren drei Jahren, in denen sich meine Symptome verstärkten, konsultierte ich einen jungen Neurologen im Neurocentrum Odenwald in Erbach. Nach einigen Tests und einer Vermutung, überwies er mich an die Klinik für Diagnostik in Wiesbaden zur genaueren Untersuchung mit dem Ergebnis ‚Parkinson‘. Schwere Beine, starkes Zittern, und diese Unruhe im ganzen Körper machten mir damals schon sehr zu schaffen.

Demnach hat es ziemlich lange gedauert, bis die richtige Diagnose gestellt wurde.
Es waren, so kann man sagen, schon wertvolle vier Jahre vergangen, bis ich wusste, an welchem, leider unheilbaren, Leiden ich litt. Doch mit einer sehr guten medikamentösen Einstellung ging es mir wieder besser.

Zu wissen, an welcher Krankheit Sie leiden, hat Ihr Leben sicherlich verändert. 
Die Diagnose ‚Parkinson‘ war zuerst ein Schock für mich. Ich begann in ein tiefes Loch zu fallen. Als ich jedoch die gute Wirkung der Medikamente verspürte, fing ich an, wieder Mut zu fassen. Durch meine Akzeptanz und die Unterstützung meiner Familie hat sich in meinem Leben nicht allzu viel geändert. Meine Familie und Freunde gehen liebevoll und nachsichtig mit der Krankheit um, ohne viel darüber zu reden. Außerdem bin ich ein optimistischer Mensch und gewohnt, anzupacken, weshalb ich bis jetzt gut mit der Krankheit zurechtkomme. Was mir die Zukunft bringt, wage ich allerdings nicht vorherzusagen.

Sie haben die Krankheit akzeptiert. Gehen Sie offen damit um? 
Ich ging von Anfang an sehr offen mit meiner Krankheit um und erzählte auch unseren Freunden davon. Parkinson war Neuland für mich. Ich informierte mich nach allen Seiten und wurde dabei von meinen Kindern sehr gut unterstützt. Auf Anraten der Arztassistentin trat ich sofort einer Selbsthilfegruppe bei.

Die Selbsthilfegruppe spielt eine große Rolle in Ihrem Leben, nicht wahr? 
Ja, ich wurde sofort sehr gut in der Selbsthilfegruppe aufgenommen: Ich brachte mich mit Ideen ein und übernahm alsbald als stellvertretende Vorsitzende alle schriftlichen und finanziellen Aufgaben. Bei behindertengerechten Aktivitäten pflegen wir eine sehr schöne Gemeinschaft mit regem Austausch. Jeder trägt etwas bei, sei es durch Kuchen, Vorträge, Gedichte oder Basteleien. Ich mache diese Arbeit sehr gerne. Sie hält mich vom Grübeln ab und stellt ständig neue Herausforderungen an mich, die mein Gedächtnis fordern, und lässt nie Langeweile aufkommen. Meine Familie akzeptiert diese Arbeit und unterstützt mich dabei. Natürlich darf sie dabei nicht zu kurz kommen, worauf ich schon sehr achten muss.

Trotz der Symptome der Krankheit, sind Sie bewundernswert aktiv!
Als Mensch, der im Leben viel gepowert hat, musste ich mit einer gewissen Langsamkeit erst zurechtkommen. Auch das Durchhaltevermögen hat sehr nachgelassen und ich muss immer wieder Ruhepausen einlegen. Die starken Einschränkungen und Unsicherheit beim Gehen machen mir auch sehr zu schaffen.

Um diese Symptome zu lindern nehmen Sie Medikamente ein – was hilft Ihnen noch? Jede Art von Sport. Zweimal wöchentlich trifft sich eine kleine Gruppe in einem Studio zu Gleichgewichts- und Koordinations-Übungen und Geräte-Training, was uns allen sehr gut tut. Wir trainieren bei Ballspielen unser Gedächtnis. All diese Bewegung hat sehr viel zu meinem Wohlbefinden beigetragen und ich möchte sie nicht missen. Alle Parkinson-Patienten sollten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Es wäre nur von Vorteil für sie.

Es hört sich so an, als hätte Parkinson auch Positives in Ihrem Leben bewirkt.
Ja, mit Sicherheit. Allein mein Einbringen in der Gruppe hat mir viel Positives gebracht. Dank und Anerkennung meiner Arbeit weiß ich sehr zu schätzen und spornt mich immer wieder an. Die liebevolle Rücksichtnahme meiner Freunde hilft mir sehr, auch mit eintretenden Schwächen gut zurecht zu kommen.

Sie erscheinen voller Tatendrang zu sein. Wo nehmen Sie die Kraft dafür her?
Es macht mir viel Freude, Geschichten und Gedichte zu schreiben, auch noch an Fasching in der Bütt’ zu stehen oder mit kleinen Aufmerksamkeiten meine Mitmenschen zu erfreuen. Meine absoluten Kraftquellen sind meine Familie und mein Glaube.   

Es war Ihnen ein Bedürfnis, eine Broschüre drucken zu lassen, um Menschen über Parkinson aufzuklären.  Ich empfand es absolut traurig, dass die meisten Menschen so wenig oder gar nichts über diese Krankheit wissen. In der Jubiläumsbroschüre unseres Vereins versuchten wir anhand verschiedener Berichte unsere Mitmenschen über unsere Krankheit aufzuklären und Wissen darüber zu vermitteln. Ich finde es als große Erleichterung, zur Krankheit zu stehen, offen damit umzugehen und sich auf keinen Fall zurückzuziehen. Warum verheimlichen? Irgendwann merken es die anderen doch. Ein ‚Ja‘ zur Krankheit und Vertrauen in die Zukunft sind eine große Hilfe.

Inwiefern können die Betroffenen ‚Ja‘ zur Krankheit sagen?
Nehmen Sie ihre Krankheit an, bringen Sie sich in einer Selbsthilfegruppe ein, bewegen Sie sich, egal wie, gehen Sie Ärger und Stress aus dem Weg, lassen Sie auch mal das Wasser den Berg rauflaufen, freuen Sie sich an schönen Dingen und gestalten Sie sich das Leben so angenehm wie möglich. Ändern können wir sowieso nichts, es hat uns nun mal erwischt, machen wir das Beste daraus!

 

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